
Nach der gestrigen Routenplanung bin ich heute Morgen entsprechend früh mit dem Auto nach Bad Ragaz gefahren, wo ich beim Bahnhof parkierte. Das Wetter war wie vorausgesagt: tristes, feuchtes Grau, unter einer dichten Nebeldecke, kaum 10° Grad.
Na ja, kalt war mir nicht lange, denn schon nach einem Kilometer beginnt die Strasse hoch nach Valens ganz kräftig anzusteigen. Generell lässt sich die Tour ganz einach beschreiben: Ein Berg, fertig. Oder: 1km flach, dann 17km berghoch, 11km bergrunter und 5km flach zurück zum Auto. Insgesamt also nur 34 Killometer Strecke, dafür mit kräftigen 1'800 Höhenmetern.
Ich nahm mir vor, dass ich meinen ersten Halt erst dann mache, wenn ich die Sonne sehe, wenn ich also über die Nebeldecke komme. Gemäss Wetterbericht sollte diese auf etwa 1'500 Metern über Meer liegen und so hoffte ich, dass dieser Halt bei der Alp Braggis auf 1'561 Metern über Meer sein würde. Dem war aber nicht so, denn da war ich mitten in dichtem und kaltem Nebel.
Die ersten 1'000 Höhenmeter lagen da bereits hinter mir und so langsam hatte ich schon etwas Hunger, doch eine Pause im Nebel? Nein, lieber noch etwas beissen und dranbleiben. Weit kann es ja nicht mehr sein. Die Alp Obersäss liegt auf 1'820 Metern über Meer und wirklich erst kurz davor wurde es etwas heller und man konnte den darüberliegenden, blauen Himmel langsam erahnen. Bis ich dann wirklich in der Sonne war und das Nebelmeer überblicken konnte, zeigte mein Höhenmesser genau 1'900 Meter über Meer. Endlich!
Die Pause hatte ich wirklich nötig und ich verputzte ein Sandwich und einen Apfel und blinzelte dabei genüsslich in die Sonne. An dieser windgeschützten Stelle war es gleich ganz angenehm warm und so konnte ich mein durchgeschwitztes Trikot auch gleich etwas trocknen. Vor mir lagen nun nur noch etwa 300 Höhenmeter, wovon ich aber wusste, dass ich mindestens die letzten 200 mein Bike schieben und tragen musste. Kein Problem. Bei dem herrlichen Wetter macht man das gerne, zumal als Belohnung ein feines Restaurant in der Pizolhütte auf mich wartete.
Etwa 100 Meter von der Pizolhütte entfernt kam ich dann auf den Hauptkamm und war gleich erschlagen ob der vielen Wanderer und Spaziergänger. MMMMMist! So hatte ich mir das nicht vorgestellt. Nichts war mit Ruhe und Aussicht geniessen, das war der pure Rummel. Das hat man davon, wenn eine Gondelbahn direkt auf den Berg führt und man nach 300 Metern Fussmarsch schon zum Restaurant kommt. Mir war das aber gleich zu viel. Ich stellte das Bike nur kurz an den 2'222 M.ü.M. Pfosten um das Tagesfoto zu schiessen und machte mich dann gleich wieder auf den Weg (man beachte das schöne Nebelmeer und die dahinterliegenden Bergspitzen der Bündner Alpen).
Ich zweigte auf die Nordseite der Bergflanke auf herrliche Wanderwegen talwärts ab. Bereits 100 Höhenmeter tiefer war ich wieder alleine und machte während meiner Pause das nebenstehende Foto. Man sieht, wie hoch und ausgedehnt die Nebeldecke ist. Im Bildhintergrund erkennt man die Spitzen der Churfirsten und ich konnte auch rüber zum Palfris sehen, der aber im dichten Nebel lag. Zum Glück habe ich mich für den Pizol entschieden, denn es hätte mich schon etwas geärgert, wenn ich so lange berghoch gefahren und dann trotzem nicht aus dem Nebel gekommen wäre. Die sicherere Variante war heute die Richtige.
Der nachfolgende Downhill war dann einfach nur absolute Spitzenklasse. Ich fuhr eine volle Stunde bergrunter und vernichtete auf 11 Kilometern ganze 1'750 Höhenmeter, was einem durchschnittlichen Gefälle von fast 16% Prozent entspricht. Unglaublich. An zwei, drei kniffligen Stellen musste ich kurz absteigen und tragen, doch 99% konnte ich fahren. Dabei fühlte ich mich gut und recht sicher, ja, heute hatte ich ein sehr gutes Gefühl auf dem Bike. Zwischendurch bemerkte ich, wie ich zu zittern begann, weil ich so von Adrenalin durchflutet wurde und deshalb habe ich kurz angehalten um mich etwas zu beruhigen. Die Mundwinkel kriegte ich jedoch nicht mehr runter. Ein berauschtes Grinsen lag auf meinem Gesicht.
Da kamen die letzten fünf flachen Kilometer bis zum Auto gerade richtig. Da konnte ich mich etwas normalisieren. Das war eine Prachtstour und ich bin wirklich froh, dass ich es auch dieses Jahr einmal auf den Pizol schaffte. Für diesen herrlichen Tag bin ich sehr dankbar und ich werde ihn in guter Erinnerung behalten. Das GPS sagt: 34 km., 4:02 Std., 1'800 Hm.