Montag, 6. März 2017
sprachliche Unsicherheit
Heute ist es regnerisch und ich bin deshalb nicht mit der Rikscha unterwegs und habe etwas freie Zeit. Ich komme hier auf ein Thema zurück, welches mich schon ein paar Jahre beschäftigt und dessen Auswirkung sich klar in diesem Blog niederschlägt (oder eben nicht niederschlägt). Es geht um den Umgang mit Sprache. Schon 2006 habe ich diesbezüglich einen ersten Beitrag geschrieben.
Unbestritten ist eine gemeinsame Sprache DAS Hauptmedium menschlicher Kommunikation und Interaktion. Wir teilen unsere Ansichten, Ideen und alles was uns beschäftigt in erster Linie verbal aus. Jeder sprachliche Ausdruck und jedes Verstehen beruht auf einem Fundament von unausgesprochenen, gemeinsamen Bedeutungen, Konventionen, Werten und Vorstellungen. Worte sind also Beschreibungen oder Etiketten für unsere Wahrnehmungen und Erfahrungen und wir einigen uns in einer gemeinsamen Sprache auf eine konsistente Bedeutung. Dadurch können wir annehmen, dass der Empfänger der Worte auch wirklich das versteht, was der Sender ausdrücken/beschreiben wollte.
Worauf ich heute aber hinauswill ist, dass wir nicht nur Sprache benutzen um mit anderen zu kommunizieren, sondern dass unsere Gedanken ja auch in Worte gefasst sind, nur dass diese nicht ausgesprochen werden. Wenn ich also über etwas nachdenke, bilden sich Sätze in meinem Kopf, die ebenfalls auf all diesen gelernten Konventionen aufbauen. Meist vergessen wir dabei, dass Worte nur Etiketten sind, die immer nur einen Teil der Realität/Wahrheit abbilden. Gerade wenn wir über unsere Gefühle nachdenken, sind Worte ziemlich hilflos und eindimensional. Da behelfen wir uns (zumindest in unserem Kopf) oft auch mit Bildern und Erinnerungen um so einen besseren/volleren Eindruck zu erhalten. Was wir auch immer tun, in unserem Kopf -in unseren Gedanken- erhalten wir immer nur ein unvollständiges Bild der Realität. So sehe ich das heute.
Ein weiteres "Problem" erkenne ich darin, dass wir durch unsere Erfahrung und Vergangenheit immer dichtere Schleier zwischen das "echte Leben" und unsere Gedanken darüber legen. "Was zu erwarten war" bedeutet für praktisch jeden etwas anderes, je nach dem, welche Erfahrungs- und Vergangenheitsbrille er trägt. Was mir also wichtig und richtig erscheint, muss noch lange nicht stimmen oder für jemanden Anderen von Bedeutung sein. Oder anders: es mag zwar für mich richtig sein und ich habe meinem Gedankengut auch die richtigen Etiketten angeklebt, doch der Empfänger liest/hört/interpretiert das ganz anders.
Das ist ein ungelöstes Dilemma und das alles hat mich ziemlich verunsichert. Es hat mich stiller gemacht. Ich rede weit weniger als früher und ich schreibe deshalb auch weniger Blogeinträge. Irgendwie traue ich meinen eigenen Gedanken nicht mehr so selbstverständlich wie früher. Es sind einfach Etiketten (mit Verfallsdatum) geworden.
Es ist o.k. wenn ich stiller werde, doch ich muss nicht jeden Gedanken und jedes Wort auf die Goldwaage legen. Nachdenken, Reden und sich Austauschen ist auch ein Spiel. Es muss nicht immer wahr oder ernsthaft sein. Es kann auch einfach ein Zeitvertreib und Unterhaltung sein.
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