Freitag, 10. Februar 2017
Tag 26 - ehemaliges Grenzgebiet
Wettermässig alles beim alten. Morgens sehr kalt und bedeckt, gegen Mittag zeigt sich die Sonne und den ganzen Tag bläst mir der Wind ins Gesicht. In diesem Fall gilt «no news are good news».
Keine hundert Meter vom Hotel entfernt überquerte ich mit einer kleinen Fähre die Elbe und kam nun auf ehemals DDR-Territorium. Auf einer Länge von fast 100 Kilometern bildete die Elbe quasi den eisernen Vorhang, die Grenze zwischen Sozialismus und Kapitalismus. Weil die ehemalige DDR in direkter Grenznähe nur wenig Bebauung erlaubte sieht man meist Weide- und Agrarland. Grosse Teile, beidseits der Elbe sind heute das Naturreservat «Niedersächsische Elbtalauen». An die früheren Zeiten erinnern einige alte Wachtürme und zwei Abschnitte mit dem früheren Doppelzaun (dazwischen eine Fahrbahn für die Grenzpolizei). Zudem sieht man ein paar eingefallene Häuser, weil nach der Wende wohl viele Ex-DDR-Leute in wirtschaftlich bessere Gegenden in den alten Bundesländern umgezogen sind. Für sind das heute aber nur historische Nebengeräusche.
Hauptsächlich steht heute Natur auf dem Programm. Viel Natur! Ich habe noch nie so viele wilde Gänse gesehen wie heute. Teils weidend in grossen Schwärmen oder schnatternd im Formationsflug über mich hinweg. Mir fiel auf, dass es sich um unterschiedliche Arten handelt und als ich eine entsprechende Infotafel sah, musste ich diese natürlich fotografieren. Zusätzlich sah ich mehrmals Rehe (einmal ein ganze Gruppe von etwa 20 Rehen), viele Kühe, Schafe und Pferde. Und natürlich sehr viele Vögel (nur kann ich die nicht unterscheiden). Diese Auenlandschaft scheint ein ideales Brutgebiet zu sein und öfters sah ich auch Personen mit grossen Feldstechern oder gar Teleskop-Fernrohren.
Schon bald merke ich aber, dass ich irgendein Problem mit meinem GPS habe. Es wird mir nicht mehr die genaue Route angezeigt, sondern nur noch eine Luftlinie zum Ziel. Das stufe ich vorerst nicht als gravierend ein, denn ich weiss ja, dass ich fast die ganze Zeit der Elbe entlang flussaufwärts zu fahren habe. Ich entscheide also, dass ich bis Dömiz, der nächsten grösseren Ortschaft zufahren werde und da in einer Bäckerei den Track vom Notebook nochmals aufs GPS kopiere. Eingangs Dömiz besuche ich kurz die alte Festung und suche dann eine Bäckerei. Gar nicht so einfach. Vor einem Restaurant sah ich dann eine Tafel: «Hausgemachter Kuchen und ein Pott Kaffee = 4 Euro». Das passt!
Ich nehem also das Notebook mit, starte Basecamp (die entsprechende Software) und sehe mir die heutige Strecke nochmals an. Am PC sieht alles gut aus. Also kopiere ich die Datei nochmals aufs GPS und das Resultat war das selbe wie vorher. Ich sehe nur eine Luftlinie. Mist. Was nun? Wichtig ist, dass ich weiss, wo ich mit der Fähre wieder die Elbe überqueren muss. Auf der anderen Flussseite sind es dann nur noch knapp 10 Kilometer bis zur gebuchten Gaststätte. Das sollte ich auch ohne GPS finden. Also. Vom Restaurant zum Elbradweg und dann bis Kilometer 32 fahren. Da die Fähre nehmen. O.K. Ich packe alles zusammen, nehme den letzten Schluck Kaffee, bezahle und mache mich wieder auf den Weg.
Blöd war jetzt nur, dass ich mich gleich verfahren habe. Ich verpasste den Abzweig zur Elbe und merkte dies zu spät. Hmmm… In einem Waldstück halte ich an und versuche mich mit dem Handy und Google Maps zu orientieren. Ich bin mindestens zwei Kilometer zu lange gerade aus gefahren. Ich muss zurück und nach der nächsten Brücke nach links. So sollte ich wieder auf den Elbradweg kommen. Das hat dann auch geklappt, nur konnte ich nicht genau sagen, wie viele Kilometer Umweg ich nun zu meinen gemerkten 32 dazurechnen muss. Ich schätze mal etwa deren fünf. Bei Kilometer 30 komme ich an eine Fähre. Die kann es fast nicht sein, oder? Eher nicht. Ich fahre weiter. Kilometer 37 kommt, doch keine Fähre in Sicht. Mittlerweile ist es 4 Uhr nachmittags, es beginnt schon etwas einzutrüben. Es hilft nichts. Ich muss anhalten, das Notebook nochmals auspacken und in Verbindung mit dem Handy feststellen, wo ich genau bin und wie es weitergehen soll. Das braucht natürlich Zeit, doch ich stelle fest, dass in 2-3 Kilometern die richtige Fährverbindung kommt und dass der Weg danach wirklich einfach zu finden ist. Ich bin soweit erleichtert.
Also fahre ich noch zwei Kilometer und siehe da, da führt eine Strasse ans Wasser. Auf den ersten Blick sehe ich aber keine Fähre und mache mir schon wieder Sorgen. Etwas beruhigt bin ich, als ein Auto heranfährt und ebenfalls wartet. Und siehe da, hinter hohem Schilf und Bäumen taucht eine kleine Fähre auf. Auf der Fähre haben maximal 4 Autos Platz. Der Transport für Velo und mich kostet 1,50€. Obwohl ich langsam erschöpft bin, gehen die letzten Kilometer ganz locker. Gleich habe ich es geschafft und ich bin am Ziel. Und das heutige Ziel ist etwas ganz Spezielles. So quasi Ferien auf dem Bauernhof.
Ein altes verwittertes Gasthaus und kaum steige ich vom Rad, steht auch schon ein älterer Mann in der Türe. Ich sage: «Hallo! Mein Name ist Beat Menzi und ich habe hier ein Zimmer für eine Nacht gebucht.». Die Antwort: «Willkommen. Ich heisse aber nicht Hallo sondern Georg. Pack die Taschen vom Rad und stell es in die Scheune nebenan. Dann komm herein. Ich mache in der Zwischenzeit mal eine heisse Tasse Kaffee.» Ich muss schmunzeln. Sowas mag ich.
Was ich bisher erfahren habe: Das Haus gehört einem 27-jährigen Schreiner, Damian, er hat es vor 5 Jahren von seiner Mutter geerbt. Sie kaufte das alte Gasthaus gleich nach der Wende (der Ort Wanzer lag früher auf DDR-Gebiet). Erbaut wurde das Haus 1835. Vieles ist noch uralt aber vieles wurde auch liebevoll restauriert (von Damian). Seit 2 Jahren bieten Sie Gästezimmer an, wovon es nur drei gibt. Ihre Kunden sind entweder Jäger oder Radfahrer (das Gasthaus liegt direkt am südlichen Elberadweg). Georg ist sein Onkel und wie Damian sagt «für die Kommunikation zuständig». Alles sehr sympathisch. Und ja, WLAN und Internet funktioniert auch. Also alles gut!
Durch meine Aktionen am GPS wurde die heutige Fahrt in Dömitz geteilt. Track 1 zeigt also die Strecke vom Start in Bleckede bis nach Dömitz (52,3km, 122Hm) und Teil 2 von Dömitz bis zum Gasthaus Alandblick in Wanzer (48,7km, 66Hm). Es sind also ziemlich genau 100 Kilometer zusammengekommen. Die aktuellen Fotos habe ich auch bereits hochgeladen. Viel Spass!
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Kommentare
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Jürg Knobel am :
Alex Engel am :
jetzt kommt der landschaflich schönste Streckenabschnitt über Havelberg-Tangermünde-Magdeburg-Dessau. Pck dich bloß warm ein, es ist gefühlt 2cm kalt.
LG aus Hamburg und weiterhin eine gute Fahrt wünschend.
Engel