Freitag, 6. Dezember 2013
vereinfachtes Leben
Es ist eine gute Zeit um das eigene Leben mal wieder etwas aus der Vogelperspektive zu betrachten...
Es ist klar, dass im Frühling 2011 mein Leben eine neue Ausrichtung bekam, weil ich aus der sogenannt normalen Arbeitswelt ausgeschieden bin. Mein Leben plätscherte schon viel zu lange seicht vor sich hin und bevor ich innerlich ganz abstumpfte musste einfach noch etwas geschehen. Und das tat es dann auch.
Noch oft denke ich an die zweimonatige Veloreise durch Italien nach dem Motto: "Ich bin dann mal weg!" Es war gut und wichtig, vor dem alten Leben davonzulaufen und sich durch körpeliche Anstrengung geistig zu entleeren um Platz für Neues zu schaffen. Auf dieser Reise wurde mir bewusst, wie wenig es braucht um zufrieden zu sein und mit wie vielen Dingen man sich im normalen Leben beschäftigt, die für einem selbst letztendlich irrelevant sind. Ich spürte es schon früher, doch nach dieser Veloreise war mir klar, dass ich mein Leben vereinfachen wollte.
Um je weniger Dinge man sich kümmern muss um so mehr Zeit hat man für die wesentlichen Aspekte des persönlichen glücklich Seins und vor allem: man gewinnt Zeit um sich auch am glücklich Sein zu erfreuen. Das klingt jetzt etwas doof... Ich versuchs mal anders herum: Als ich mich selbst fragte, was ich in meinem Leben als wertvoll und glücksspendend betrachte stellte ich fest, dass vor allem nicht materielle "Dinge" für mich von Bedeutung sind. Zum Beispiel: Gesundheit, lieben und geliebt werden, sich an der Natur erfreuen, einer sinnhaften Tätigkeit nachgehen (wobei jeder selbst definieren muss, was er/sie unter "sinnvoll" versteht) und anderes mehr. Natürlich braucht es dafür Geld. Man muss wohnen, essen, sich pflegen und kleiden können um überhaupt gesund zu sein. Ganz ohne Geld geht es nicht, doch ich stellte für mich ganz persönlich fest, dass es mit enorm viel weniger Geld geht als ich das zuvor glaubte. Das hing auch damit zusammen weil ich merkte, wieviel Unzufriedenheit ich mit Geld kompensierte. Man kauft sich Dinge um sich an etwas zu erfreuen und dadurch lässt sich die Unzufriedenheit (für einen kurzen Moment) verdrängen. Ausserdem ist es chic in unserer Gesellschaft immer mal wieder etwas Neues anzuschaffen um damit den gesellschaftlichen Status zu markieren oder zu untermauern.
Davon habe ich mich losgesagt und das ging ganz einfach, ohne den geringsten Aufwand. Dafür reichte ganz einfach die Erkenntnis, dass meine eigene Zufriedenheit und mein ganz persönliches Glück nicht von aussen sondern von innen kommt. Und wenn diese tiefen Gefühle von innen kommen, dann ist es ja auch ziemlich unwichtig, was andere oder die Gesellschaft von mir denken. Generell: Status wird völlig überbewertet! Das brauchen eigentlich nur Menschen mit schwachem Selbstwertgefühl. Ist ja logisch: Wer seinen eigenen Wert nicht kennt, hört auf die Aussagen von anderen oder eben der Gesellschaft. So begeben sich diese Menschen in Abhängigkeit von etwas Äusserem. Dann wird es wichtig, dass die Kleider der neusten Mode entsprechen und man auch sonst sich so verhält, dass man von anderen positives Feedback erhält. Das Problem an der Sache ist halt einfach, dass man so unter Druck kommt und sich freiwillig ins Hamsterrad begibt. Das Ego braucht immer neue Streicheleinheiten...
O.K. Ich erkannte also dass mich "Dinge" nur in beschränktem Masse weiter bringen. Der Nutzen muss im Vordergrund stehen. Eine dritte Hose nutzt nichts, wenn ich schon zwei habe... Oder: Im Herbst 2011 stellte ich fest, dass ich ein Transportfahrzeug brauche. Der Nutzen sollte sein: Mich schnell und günstig von A nach B zu transportieren. Also dachte ich zuerst an ein Auto. Dann erkannte ich jedoch, dass ein Motorrad den gleichen Nutzen bietet und dies zu einem bedeutend geringeren Preis. Natürlich hat ein Töff bei Regen oder im Winter Nachteile, doch in der Anschaffung wie auch im Unterhalt ist er einfach viel günstiger. Zudem ist er (vor allem in der Stadt) schneller und man hat keine Parkplatzprobleme. Über zwei Jahre später erachte ich diesen Entscheid nach wie vor als SUPER!
Natürlich profitiere ich in meiner neuen materiellen Einfachheit auch sehr von der Vergangenheit. In meinem Kleiderschrank stapeln sich so viele Kleider, dass ich eigentlich noch jahrelang nichts kaufen muss. Auch was meine Velogeschichten angeht, ist es das Selbe. Ich habe alles. Natürlich gäbe es Neueres oder vielleicht Besseres, doch macht es erfahrungsmässig wirklich einen Unterschied? Nein! Die Erfahrung des Fahrradfahrens ist genau gleich, ob das Bike nun 1-jährig oder 5-jährig ist.
Das waren ein paar Beispiele meines "vereinfachten Lebens". Ich bin erst auf dem Weg und noch lange nicht am Ziel. So lese ich z.B. immer noch jeden Tag die Zeitung und informiere mich über das Weltgeschehen obwohl ich ja weiss (oder gelernt habe), dass alle diese Medienerzeugnisse nicht dafür gemacht wurden um mich glücklicher zu machen und dass ich zu 99.9% Prozent an all diesen Dingen nichts ändern kann. Sie sind also für meine persönliche Zufriedenheit irrelevant! Nicht nur das: viele Nachrichten stimmen einem nachdenklich, machen traurig oder gar wütend. Manchmal denke ich wirklich, man sollte sich einfach nicht mehr darum kümmern...
Anyway.
Was ich ganz sicher sagen kann ist, dass mein Leben an Qualität gewonnen hat. Enorm. Ich bin ruhiger, zufriedener und selbstbewusster geworden. Es sind die einfachen Dinge die das Herz erfreuen und manchmal ist es ganz schön kompliziert, einfach zu leben.
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