Donnerstag, 6. August 2009
Ganztagestour
Ich wusste, dass mir ein langer Tag bevorstand und deshalb wollte ich bewusst langsam und kräfteschonend fahren. Die erste 1'200 Höhenmeter Steigung kannte ich recht gut und so plante ich eine erste Essenspause in etwa der Mitte der Steigung ein. Zum Glück führt die Strasse meist im schattigen Wald nach oben, denn heute war es wirklich sommerlich heiss und auf diese Hangseite schien die Morgensonne schon kräftig herunter. Zwei, drei andere Biker fuhren während meiner Rast an mir vorbei. Jeder alleine, mit sich beschäftigt.
Eigentlich wollte ich im Restaurant vorderer Palfris einen Rivella-Halt machen, darauf freute ich mich schon. Leider wurde nichts daraus, den just in dem Moment wo ich vor das Restaurant fahre, sammelt sich eine grössere Gruppe Wanderer vor der Eingangstüre und freut sich auf die kommende Stärkung. Das sind sicher 15 Leute. Bis die alle bestellt haben und etwas auf dem Tisch steht, da werde ich alt und grau, bis ich mein Glas Rivella bestellen kann. Ausserdem habe ich keine Lust auf eine Gruppe fröhlich plaudernder Senioren. Ich fahre in die Berge um Ruhe zu finden... (nicht aufregen. das sollte ein kleiner Scherz sein).
Ich fahre also weiter und beschliesse am höchsten Punkt der Tour einen Rucksackhalt zu machen und das zweite von Karins Sandwiches zu essen. Herrliche Aussicht. Idyllische Ruhe. Genau richtig! Ich schaue nochmals auf die Karte. O.K. Bis zum Kurhaus Sennis ist alles klar. Da muss ich dann rechts weg. Beim besagten Kurhaus war dann richtig viel los, mittlerweile war es 12:45 Uhr. Sicher 10 Mountainbikes vor der Wirtschaft und wieder ganze Gruppen von Wanderern. Ich hatte keine Zeit. Oder vielleicht später, denn gemäss meiner Routenplanung werde ich hier ja nocheinmal vorbei kommen. Ich fahre also rechts und sehe da eine Tafel mit der Aufschrift: "Bikeweg endet in 2,6 km". Ach was! Ich habe auf der Wanderkarte einen Weg gefunden, also muss das gehen. Ich fahre also unbeirrt drauf los und staune nicht schlecht, als dann tatsächlich nochmals ein Schild auftaucht. Aufschrift: "Bikeweg endet hier". Hier? Wohl kaum. Ich konsultiere das GPS. Die violette Linie folgt immer noch dem Wanderweg. "Komm, probiers! Wenn Du das jetzt nicht packst, kannst Du die ganze Tour vergessen!" so funktionieren meine Gedanken. Also los!
Ich schätze mal, die ersten hundert Meter konnte ich noch fahren, dann wurde es zu gefährlich. Ich musste absteigen und das Velo tragen. Es ging über schmalste Wege und steile Steinstufen bergrunter. An einigen Stellen waren Halteseile und Steighilfen angebracht. Absolut unfahrbar. Mist. Was soll ich tun? Umdrehen? Unmöglich. Ich muss jetzt da runter und auf bessere Passagen warten. Ich schätze mal, da habe ich mein Bike sicher 45 Minuten getragen. Etwa 300 Höhenmeter bergrunter. Bei einer Verschnaufpause konnte ich dann das Foto mit den Schmetterlingen machen. Denen schien mein Schweiss zu schmecken.
Es war eine Plackerei und ich begann mich zu ärgern. Natürlich über mich selbst. Wie konnte ich nur auf die Idee kommen, dass so etwas fahrbar sein könnte? Es war steil wie hinab in die Hölle. Man musste jeden Schritt vorsichtig machen und dabei noch immer das Bike tragen... unschön. Und dann noch die Hinweisschilder ignorieren... selber schuld.
Irgendwann, eine gefühlte Ewigkeit später, konnte ich dann endlich mal wieder aufsitzen und ein paar hundert Meter weit fahren. Und siehe da, ganz plötzlich wurde doch noch ein richtig schöner Singletrail mit sehr viel Flow aus dem hässlichen Bergwanderweg. Noch immer war es steil und meine hintere Bremsscheibe begann zu rauchen. Plötzlich war der Druckpunkt und damit auch die Bremswirkung weg. Extrem. Ich machte einen kurzen Halt und liess die Bremse sich abkühlen, ein paar Minuten später ging es dann weiter und schon bald war die Talsohle erreicht. Wow! Was für eine Strecke. Die werde ich nie wieder versuchen!
Irgenwie konnte ich mich gar nicht richtig erholen, denn die kleine Asphaltstrasse von Berschis zum Kurhaus Sennis hoch ist extrem steil und gemein. Und heute war Ende Abfahrt = Anfang Steigung. Also gleich rein in über 10% Steigung. Immer. Ich brauche drei Pausen und ziemlich genau zwei Stunden. Kurz vor 17:00 Uhr bin ich oben beim Kurhaus. Ich setze mich in die Wirtschaft und bestelle Salsiz mit Käse und Brot. Ich bin fix und ziemlich fertig. Auf der Toilette wechselte ich jetzt alle Kleider. Ein gutes Gefühl. Dann esse ich und trinke dazu gemütlich einen Liter Rivella (doch noch). Noch stehen 300 Höhenmeter an. Auf dem Tacho stehen schon über 2'500. Ich bin doch ziemlich müde.
Deshalb wollte ich nicht zu lange sitzenbleiben. Es war ja schon spät. Und zudem wusste ich, dass die letzten 100 Höhenmeter nur zu Fuss, schiebenderweise, zu bewältigen sind. Hart. Ziemlich genau um 18:00 Uhr war ich dann das zweite Mal am höchsten Punkt und machte einen letzten Halt. Die Abendsonne wärmte noch ganz schön. Ich dachte an den bevorstehenden Downhill... Nein. Dafür bin ich nun eindeutig zu müde. Das ist mir zu gefährlich. Da fahre ich lieber auf der Strasse runter, die ich am Morgen hochgefahren bin.
Das Restaurant vorderer Palfris lag nun auch schön in der Abendsonne und so liess ich mich nochmals zu einem Stop hinreissen. Ich bestellte auf der Sonnenterrasse einen Huskafi (Kaffee im Glas, mit Zwetschgenschnaps und Schlagrahm). Schmeckt wie Benzin! Wenn's hilft, egal. Als ich dann aber wieder aufs Bike sitze, verkrampfen sich gleich beide Waden. Autsch... Also keine Frage, die Strasse zu nehmen war eindeutig die richtige Entscheidung. Ich war kräftemässig am Ende. Ich konnte mich also gemütlich hinsetzen und die 1'200 Höhenmeter auf der Strasse runterheizen, was mir dann auch noch ganz gut gefiel. Bis ich dann zurück beim Auto war zeigte die Uhr 19:45 Uhr! Uups, eine Monstertour. Der Tacho sagt: 70 km., 7:10 Std., 2'900 Hm.
Mein Fazit: Die von mir geplante Tour ist so nicht fahrbar. Das habe ich heute festgestellt. Nichts desto trotz erlebte ich einen sehr interessanten und anspruchsvollen Tag. Statt zwei Superdownhills konnte ich heute nur etwa einen halben fahren, dafür habe ich beide Steigungen gepackt. Soviele Höhenmeter bin ich bisher an einem einzigen Tag noch nie gefahren. Das ist ganz bestimmt neuer Rekord.
Bis ich zu Hause war, zeigte die Uhr 21:30 Uhr. Ich packte das Bike in die Garage, leerte den Rucksack und nahm dann eine lange Dusche. Dann wollte ich mich etwas hinlegen...
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Kommentare
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Spoony am :
Vielleicht könntest Du das nächste Mal einen Ort mit einem Sessellift suchen, so musst Du das Bike nicht gefährliche Pfade runtertragen, sondern kannst den Lift ins Tal nehmen.
david am :
Aber wenn du wieder mal so etwas vor hast (vielleicht etwas kürzer) und du noch Begleitung suchst: Da käme ich gerne mal mit.