Donnerstag, 4. Dezember 2014
wie weiter?
Ende November, Anfang Dezember, ist nun seit 3 Jahren die Zeit, in der meine Gedanken jeweils stark um das kommende Jahr kreisen. Es gilt die nächste Rikschasaison vorzubereiten und die Basis für ein gutes Jahr zu legen. Die Grundfrage dabei ist: was ist meine/unsere Strategie? Wie soll sich mein/unser Geschäft weiter entwickeln?
Vor einem Jahr war ich mir ziemlich sicher, dass BIKE BUTLER wachsen soll. Ich kaufte zusätzliche Rikschas und die Gründung der GmbH war angedacht. Zudem mietete ich per 1.1.14 eine neue, grössere Garage.
Das geplante Wachstum hat sich dann dieses Jahr jedoch als schwierig realisierbar erwiesen. Wir können kein festes Gehalt auszahlen und einem potentiellen Rikschafahrer deshalb keine finanzielle Sicherheit bieten. Ein neuer Fahrer oder eine neue Fahrerin muss sehr viel Eigeninitiative entwickeln und sich seine Position am Markt erkämpfen. Sprich es funktioniert nicht mit einem Angestellten, sondern nur mit einem Unternehmer. Es muss jemand sein, der eine Leidenschaft und auch Leidensfähigkeit mitbringt und eben genau diesen Job machen will. Nur dann klappt es. Für Arjun und mich war es ein gutes Jahr. Noch besser also 2013 und bei uns funktioniert die Geschichte auch finanziell.
Das ganze Rikschaprojekt hat aber mittlerweile auch eine andere, nicht finanzielle, Dimension erhalten. Was wir tun ist eine Art Lebenshaltung, ein gelebter, andersartiger Lebensentwurf. Die Überzeugung, mehr Menschlichkeit, mehr Freude und Sinnhaftigkeit in diese Gesellschaft zu bringen. Eine Fokusverschiebung von Zahlen/Sachlichkeit/Verstand hin zu Erlebnis/Erfahrung und Wahrhaftigkeit/Authenzität. Was wir tun soll Freude bereiten und dass dem so ist, braucht es unser inneres Feuer sowie gelebte Freude und Herzlichkeit. Wir sind eine Art von Strassenkünstlern und unser Produkt ist nur in zweiter Linie der physische Personentransport, welcher so vordergründig erscheint. In erster Linie sind wir Unterhalter und Zuhörer, Menschen, die sich für andere Menschen interessieren und mit ihnen interagieren wollen. Wir bieten mehr als Transport und wollen dafür mehr als Geld.
In den letzten 3 Jahren habe ich unglaublich viel gelernt und Erfahrungen gemacht, die mich reifen liessen. An schwierigen Tagen mit wenig Kundschaft lernt man viel über sich selbt und an anstrengenden Tagen mit vielen Kunden lernt man viel von und über andere Menschen. Es braucht noch viel mehr Menschlichkeit, Herzlichkeit und Freude in dieser Stadt! Da liegt in der Stadt der Banken und Versicherungen doch einiges im Argen. Viele sind so zahlendominiert und verschlossen, dass man fast kein Leben spürt und glaubt, von gut funktionierenden Maschinen und Robotern umgeben zu sein. Das ungenutzte -oder zugeschüttete- Potential für Lebensfreude und Herzlichkeit ist enorm. Eine digitale Welt, beherrscht von Zahlen wie 0 und 1, die ihre Kindern aufzufressen scheint. Da gilt es dagegen zu halten und das erachte ich mittlerweile auch als Teil meiner Aufgabe und Arbeit.
Diese Gedanken erschweren Strategie- oder Wachstums-Überlegungen. Ich neige mittlerweile eher dazu, Dinge fliessen zu lassen wobei ich schon auch aufpassen muss, nicht passiv oder träge zu sein. Von Nichts kommt Nichts.
Was mir ein bisschen fehlt, ist die diesbezügliche Unterstützung durch meine Partner. Diese verlassen sich auf mich. Sie wissen, dass ich "das" schon mache. So, wie ich es die letzten Jahre ja auch (alleine) machte. Ich muss da mehr von Ihnen verlangen und Mehrleistung einfordern. Sie wollten ja Partner sein und nicht Angestellte...
Ja, obwohl mittlerweile schon 51jährig stecke ich in einer persönlichen Lern- und Wachstumsphase. Dafür bin ich wirklich dankbar und in Anbetracht dessen macht mir die jetztige Sitation auch keine wirklichen Sorgen. Es sind einfach weitere, neue Herausforderungen und sich diesen zu stellen macht auch Spass und bringt einem weiter.
Da Tagesbild ist übrigens eine Aufnahme vom letzten Montag. Im Dezember und Januar fahre ich mit Werbung der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaft, Departement Soziale Arbeit, durch die Stadt. Dafür wird für den Lehrgang "Master in Sozialer Arbeit" geworben. Die Schule befindet sich im Toni-Areal (einstige Molkerei und heute das wohl grösste Schulhaus der Schweiz mit mehr als 1'500 Schulungsräumen und insgesamt an die 3'500 Studenten pro Tag).
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