Dienstag, 20. August 2019
immer neue Bedürfnisse
Unser Geist ist unersättlich. Es ist nie genug, es drängt immer zum Nächsten. Egal wo wir stehen oder was schon erreicht ist. Es ist nie genug gut, wir finden immer noch Verbesserungspotential, denn das Bessere ist der Feind des Guten. So funktioniert unser Geist.
Ich erkenne es an mir selbst immer wieder. Eine Beispiel dazu ist dieser Blog. Er könnte etwas schöner, etwas technisch ausgefeilter, etwas moderner sein. Es gibt viele tolle Beispiele dafür. Ich müsste es nur anpacken... Oder mein Mountainbike. Kaum ist die neue Lackierung fertig und die grosse Anfangsfreude normalisiert sich, denke ich darüber nach, was man noch verbessern könnte. Jetzt werden die Gepäckträger von orange auf schwarz um-pulverbeschichtet. Und dann? Griffigere Reifen? Bessere Bremsen? Leichtere Räder?
Es geht immer weiter und ist nie gut genug. Jeder erlebt das in seinem Leben und seinen Interessensbereichen. Es ist einfach menschlich und positiv betrachtet ist es dieser innere Stachel, der uns zu neuen Entwicklungen und Verbesserungen antreibt. Es macht also durchaus Sinn, dass wir so funktionieren.
Es lohnt sich trotzdem, diese Muster zu hinterfragen. Oft steigern wir uns damit in Abhängigkeiten hinein, die wir eigentlich gar nicht wollen. Nur so als fiktives Beispiel: Das neue Bike, Auto oder das grössere Haus zieht schnell finanzielle Verpflichtungen nach sich, die dann auch bedient werden müssen. Oder: Dieses Muster hindert uns wirklich zufrieden zu sein, denn:
Zufriedenheit ist ein flüchtiges Gut...
Jede Bedürfnisbefriedigung scheint ein neues Bedürfnis zu erzeugen. Kaum haben wir etwas erreicht, zieht es uns weiter zum Nächsten, zum Besseren... eine neue Karotte, die wir zu erreichen versuchen. Und das hört nie auf. Deshalb wollen wir auch nie sterben, denn es gibt immer noch etwas zu tun und zu erreichen. Wir sind nie am Ziel.
Diesem Hamsterrad lässt sich nur auf eine Art entkommen und die ist zu erkennen, dass dies eine eingebaute Funktion ist. Es gehört zum Programm eines jeden menschlichen Lebens. Genauso wie zu atmen, Blut durch die Adern zu pumpen oder das Nervensystem aufrecht zu erhalten. Und genausowenig wie ich bewusst atme, bewusst Blut durch meine Adern pumpe oder bewusst mein Nervensystem aufrechterhalte, genausowenig erzeuge ich bewusst neue Bedürfnisse. Es geschieht einfach.
Der Vorteil gegenüber physischen Prozessen ist, dass ich diesen psychischen Impulsen nicht unbedingt folgen muss. Sobald ich erkenne, dass sie einfach geschehen, und nicht von mir selbst erzeugt werden, kann ich mich auch von Ihnen distanzieren. Es ist ganz einfach mein ruheloser Geist, der von Karotte zu Karotte hüpft um im Gespräch zu bleiben, um das (Hamster-)Rad am Laufen zu halten. Das bin nicht ich! Es sind nur vorbeiziehende Gedanken, mit denen ich mich nicht unbedingt identifizieren muss. Quasi Vorschläge, die ich annehmen oder verwerfen kann. Man muss noch nicht mal entscheiden ob annehmen oder ablehnen, oft hilft auch einfach abwarten. So wie ein neues Bedürfnis aufkommt, so verschwindet es wieder. Aber Achtung: Meist wird es nur durch ein anderes, neues Bedürfnis, abgelöst... Der menschliche Geist (unser Ego) ist raffiniert und kennt tausend Tricks um im Gespräch zu bleiben.
Rein gedanklich kann man nicht entkommen. Wenn ich ein Bedürfnis erkenne und ablehne, erzeuge ich nur ein neues Bedürfnis. Nämlich: Das Bedürfnis, das aufgetauchte Bedürfnis abzulehnen. So sitzt man in der Falle, einer Endlosschleife! Es hilft wirklich nur die Erkenntnis: Ich bin das nicht! Ich bin nicht meine Gedanken, ich bin nicht meine Bedürfnisse. Die einzige Möglichkeit dieser Falle zu entkommen ist die Erkenntnis, dass ICH gar nicht drin bin. Das Programm läuft... auch ohne mich...
Das entspannt ungemein.
Vieles verliert am Wichtigkeit und Projektionen in eine bessere/schönere/zufriedenere Zukunft nehmen langsam ab. Man/Es hört auf, immer neue Bedingungen an Glück und Zufriedenheit zu stellen (Bedürfnisse zu erzeugen). Ich BIN schon HIER! Zufriedenheit ist jederzeit verfügbar. Jederzeit. JETZT. Ohne weitere Anforderungen... es besteht keine Notwendigkeit, etwas hinterher zu jagen. Ausser: Es macht Spass!
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